Kurzer Winter-Wahlkampf (MZ vom 15.01.2025)
Kierspe – Eisige Temperaturen und rund fünf Wochen bis zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar – wir wollten von den Spitzen der Kiersper Parteien wissen: Läuft der Winterwahlkampf langsam warm? Wie gehen sie mit den verkürzten Fristen um? Was ist geplant bei Wahlplakaten und Wahlkampfständen? Ist der Aufwand für ihr Personal zu stemmen? Und vor allem: Was möchten sie den Wählern mitgeben? Eine Übersicht über die Vorbereitung, Stimmungen und Aktionen bei SPD, FDP, den Grünen und der CDU.
- SPD
„Die Neuwahlen sind folgerichtig“, so bewertet Vorsitzender Sercan Celik (SPD) die Situation nach dem Berliner Ampel-Aus mit Blick auf die Neuwahlen, denn: „Eine neue Konstellation ist für das ganze Land besser.“ Auf den Wahlkampf habe sich die Kiersper SPD „innerlich schon lange vorbereiten können“, sagt Celik. „Die Situation war vorher absehbar, die Neuwahlen sind nun konsequent. Wir unterstützen diese Entscheidung als demokratisches Instrument. Olaf Scholz gehört zu den wenigen Bundeskanzlern, die es bisher genutzt haben.“
Und auch hinter ihm versammeln sich die Kiersper Sozialdemokraten, ihrem amtierenden Bundeskanzler und Kanzlerkandidaten Olaf Scholz: „Wir stehen hinter unserem Kandidaten, keine Frage“, betont Celik. Wir machen auch Wahlkampf für Scholz“, unterstreicht er, fügt aber hinzu: „Über die vorherrschenden Probleme sind wir uns natürlich im Klaren.“
Für den Wahlkampf sei ein Stand am Fachmarktzentrum geplant, sagt Celik. In der Kürze der Zeit sei nicht viel Spielraum für Veranstaltungen mit prominenten Gästen. Insgesamt unterscheide sich der Wahlkampf nicht von anderen. „Nur die Jahreszeit ist anders.“
Ende Dezember gab‘s einen Dämpfer: Die SPD hatte in Essen ihre NRW-Landesliste für die bevorstehende Bundestagswahl aufgestellt. Nezahat Baradari hat nur Listenplatz 32 bekommen. Damit sieht es für sie nicht gut aus für einen erneuten Einzug in den Bundestag. Dazu sagt Celik: „Natürlich wünscht man sich einen guten Listenplatz für seine Spitzenkandidatin, das hat dieses Mal leider nicht geklappt, aber wir drücken allen SPD-Kandidaten die Daumen.“
- FDP
„Wir machen in diesem Wahlkampf das, was wir auch sonst gemacht hätten“, sagt der Ortsvorsitzende und Fraktionsgeschäftsführer Ralf Norbert Sooth (FDP). Mit ihren „typischen Themen“ möchten die Liberalen in Kierspe über Plakatwerbung innerhalb von Kierspe und Infoständen die Wähler erreichen. Geplant seien Infostände am Wildenkuhlen – „dort können wir eine Menge Leute erreichen.“ „Wir werden mit einem kleinen Team versuchen, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen.“ Im Fokus: „Wir müssen Deutschland aus den Problemen führen, aktiv werden und unsere Zukunft in die Hand nehmen. Die Leute müssen wieder Eigenverantwortung übernehmen und wachgerüttelt werden. Es muss Schluss sein mit der ‚Kino-Mentalität‘“.
Ein zentraler Begriff: die Soziale Marktwirtschaft. „Marktwirtschaft und Sozialstaat müssen Hand in Hand gehen.“ Sooth betont: „Wir müssen den Sozialstaat zukunftssicher hinkriegen. Die Baby-Boomer gehen in Rente und die Zahler werden weniger. Die Rente kann nicht auf dem Niveau gehalten werden. Wir müssen die Rentenversicherung auf breitere Füße stellen.“
Ein weiterer Punkt: der Wirtschaftsstandort Deutschland müsse wieder attraktiver werden. „Prioritäten beim Geldausgeben sind neben der Bildung auch die Einwanderung von Fachkräften. Bürokratie muss abgebaut werden. Wir stimmen darin mit der Bundespartei überein.“ Inhalte fasst die Partei in ihrem Kurzwahlprogramm auf ihrer Internetseite zusammen. Den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner haben die Kiersper Liberalen Anfang dieser Woche in der Volmestadt plakatiert.
Zwei Wünsche gibt Sooth allen Wählern mit: die Stimmabgabe zur Wahl unbedingt zu tätigen und sich ehrenamtlich zu engagieren.
- Grüne
„Die Plakate sind vor ein paar Tagen angekommen, diese Woche werden wir sie aufhängen“, kündigt auch Fraktionsvorsitzender Detlef Jungmann (Grüne) für den anrollenden Wahlkampf an. An 13 Standorten in Kierspe und Rönsahl sollen sie hängen – zehn Plakate an der Kölner Straße und der Friedrich-Ebert-Straße und drei in Rönsahl entlang der Hauptstraße – „plus ein mobiles Großplakat an der B54“, sagt Jungmann. „Darauf werden wir unsere Themen darstellen: Klimaschutz und Umweltschutz. Leider sind sie für viele Leute nicht mehr so entscheidend, aber Robert Habeck ist momentan unglaublich beliebt. Wir müssen vermitteln: Wer Habeck möchte, muss auch Grün wählen.“
Die Kürze der Zeit sei laut Detlef Jungmann in der Vorbereitung tatsächlich ein Problem. „Mir tun die kleinen Parteien leid, die jetzt noch Unterschriften vor der Wahl sammeln müssen. Von unserem Bundesvorstand gibt es weniger Give-aways, vom normalen Wahlprogramm gibt es nur eine digitale Auflage. Druck und Verteilung würden zu viel Zeit kosten.“
Online können sich Interessierte über das Kurzwahlprogramm, die wichtigsten Themen und Ziele auf der Internetseite der Grünen informieren. Außerdem seien gemeinsame Wahlstände an den letzten drei Samstagen vor der Wahl und am 22. Februar auf dem Lidl-Parkplatz geplant. „Die FDP kümmert sich um den gemeinsamen Standort“, zeigt sich Jungmann dankbar. Und angesichts der niedrigen Temperaturen auch darüber, dass Schals der Partei im Wahlkampf dazugehören. Auch mehr Personal könne die Klima-Partei gebrauchen: Laut Jungmann zählen die Kiersper Grünen zählen derzeit 18 Mitglieder, davon seien rund die Hälfte aktiv.
- CDU
„Wir sind ganz gut aufgestellt“, bilanziert Kerstin Rothstein (CDU). „Als es klar wurde, dass die Neuwahlen kommen, haben wir uns zusammengesetzt und unterschiedliche Teams aufgestellt, zum Beispiel auch zum Plakatieren in Kierspe und Rönsahl – für uns ist das Routine. In diesem Jahr wäre sowieso schon Wahlkampf gewesen und innerlich waren wir schon von vorgezogenen Neuwahlen ausgegangen.“
Die Stimmung sei optimistisch: „Wir freuen uns, denn wir haben gute Chancen und gute Lösungen anzubieten“, so Rothstein. Mit warmen Jacken werde man nun in den Wahlkampf ziehen – „das ist der größte Unterschied zum Sommer, ansonsten waren wir immer in bedruckten T-Shirts unterwegs.“ In diesem Jahr sei ohnehin Bundestagswahl gewesen. „Unseren Spitzenkandidaten Florian Müller haben wir schon im Oktober gewählt, daher war die Personalie rechtzeitig in trockenen Tüchern.“
LAURA RUTHMANN
Quellenangabe: Meinerzhagener Zeitung vom 15.01.2025, Seite 14